Integrität und friedvolles Grenzen setzen – Resilienz stärken, geht das?

 

Es wurde damals immer so gemacht… – nun ist es an Zeit dies zu ändern „Uns hat es damals auch nicht geschadet“ „was uns nicht umbringt macht uns stärker“ „manchmal muss man da einfach durch – ob man will oder nicht“ … Man könnte die Liste dieser tief verankerten Glaubenssätze noch um einiges verlängern. So stecken sie noch in einigen Formen der Erziehung, und vor allem aber auch in so vielen unserer inneren Kind Seiten. Die allgemeine Annahme besteht oder bestand also darin, dass ein Kind gestärkt wird, wenn man es (ab-)härtet, man sozusagen nicht immer nachgibt, und wenn man es in seinem „falschen“ Handeln nicht auch noch bestärkt. Wir finden, es ist Zeit für neue Wege. Und wie wir im vergangenen Blogartikel „die 7 Säulen der Resilienz“ bereits aufgeführt haben, sind es ganz andere Dinge, die zur emotionalen Widerstandsfähigkeit bei Kindern führt. Kinder werden gestärkt durch Akzeptanz, gesunden Optimismus, Lösungsorientierung, übernommene Verantwortung, positive Zukunftsplanung und eine enge Bindung.

 

 

Bindungs- und beziehungsorientiert – was bedeutet das?

FÜR KINDER : Ein Kind, das in einem bindungs- und beziehungsorientierten Umfeld von einer oder mehreren Bindungspersonen begleitet wird, kann in seiner emotionalen Reife wachsen und zu einem emphatischen, vertrauensvollen und sicher gebundenen Menschen heranwachsen. Es fühlt sich sicher und selbstbewusst darin, wer es sein möchte, kann Grenzen wahrnehmen und oftmals besser ausdrücken. Resilienz, also die psychische Widerstandskraft schwierige Lebenssituationen zu überstehen, ist hingegen der Annahme, dass Kinder abgehärtet sein müssen, um Widerstand ertragen zu können, bei sicher gebundenen Kindern weitestgehend ausgeprägt. Kinder, die auf Bindung bedacht begleitet werden und im besten Fall alle sechs Ebenen der Bindung erreichen, können voller Vertrauen ins Leben gehen und sind sich darüber bewusst, dass es jemanden gibt, der hinter und zu ihnen steht – bedingungslos ihrer selbst wegen und nicht, weil sie etwas unter leistungsorientierter Voraussetzung erfüllen. Diese Eigenschaften und das Bewusstsein dafür stärkt kleine Herzen und wiegt sie in dem Gefühl von grenzenloser Freiheit sowie dem wohligen Gefühl eines warmen Nestes, in das man immerzu heimkehren kann.

 

 

FÜR FAMILIEN : Leben in Beziehung anstatt Erziehung bedeutet für Familien oftmals gleichzeitig auch eine Art der Bedürfnisorientiertheit. Jedes Familienmitglied soll gesehen, wertgeschätzt und in seinen Bedürfnissen gleichermaßen respektiert und gesehen werden. Ein Bindungsband wird von der Mutter zum Kind, vom Kind zum Vater und wieder zurück, sowie vom Geschwisterkind zum Geschwisterkind geknüpft und kann gepflegt, gestärkt, beschädigt sowie auch genährt werden. Jedes Band birgt dabei seine ganz eigenen individuellen Verknüpfungsmöglichkeiten sowie Bedürfnisse in sich. Es zählt zu den großen Aufgaben einer Familie, die Grenzen des jeweiligen Mitgliedes zu wahren, sich gegenseitig so anzunehmen wie man ist und die Vorteile und besonderen Merkmale eines jeden zur Stärkung des Familienzusammenhaltes zu nutzen. Jede Beziehung kann auf seine ganz eigene Art und Weise stattfinden und braucht seinen eigenen Platz und die Daseinsberechtigung und Zeit, sich entwickeln zu können. Während das Band zwischen Mutter und Kind je nach Alter und entsprechender Bindungsebene vielleicht durch das Lesen von Geschichten, das gemeinsame Backen, Musizieren, dem Kuss auf die Stirn oder der ausgewählten Kleidung bestärkt wird, kann ein anderer Elternteil das Kind auf entsprechender Bindungsebene durch Toben und Tollen, gemeinsame Ausflüge und Unternehmungen, das Spielen im gleichen Team oder dem Tragen von Familientrikots entgegenkommen. Das bindungs- und beziehungsorientierte Miteinander innerhalb einer Familie bringt für jedes Familienmitglied Aufgaben und Privilegien mit sich.

 

 

Wie setze ich als Erwachsener dann Grenzen? – und wie bestärke ich mein Kind in seiner eigenen Integrität?

„Kinder machen nicht das was wir sagen, sondern das was wir tun“ ⁃ Jesper Juul

Wie gelingt es einem also in der Praxis, Kinder zu stärken? ⁃ ganz einfach: im Tun! Ein Kind erlernt Akzeptanz indem es selbst akzeptiert wird so wie es ist. Positive Affirmationen in kindgerechter Form geben ihnen Halt und wirken als Anker. Mutmachlieder, Geschichten wie „das kleine ich bin ich“ und nicht zuletzt die täglichen Worte „ich liebe dich, wie du bist“. Wie erlernt ein Kind gesunden Optimismus? – indem ich ihn vorlebe! Die Welt wird soviel heller, wenn man gemeinsam mit seinem Kind die schönen Dinge darin erkennt und benennt. Gemeinsames Lachen wenn einem danach ist, und Tränen zulassen wenn sie fließen wollen. Wir sind nicht dafür zuständig die Welt in Form von rosafarbener Zuckerwatte erscheinen zu lassen, wenn sie sich gerade nicht danach anfühlt, aber wir können gemeinsam den Regenbogen erblicken wenn er hinter Regenwolken hervorblinzelt.

 

Wie geht lösungsorientiert? „okay, da hab ich als Mama, gerade sehr stark reagiert. Es tut mir leid, dass ich so laut geworden bin. Können wir gemeinsam herausfinden, welches Gefühl gerade bei mir rauswollte, und was wir jetzt tun können um einen Kompromiss zu finden?“ – Vorbild zu sein. Reflektiertes Handeln und Kommunizieren wirkt in der Theorie oftmals nicht ganz kindgerecht oder in der Praxis nicht umzusetzen, weil man sich dann nicht authentisch fühlt. Es lohnt sich jedoch, es auszuprobieren. Die holprigen sprachlichen Hürden empfindet man nach kurzer Zeit nicht mehr als solche und Kinder erhalten ein Gerüst zur gewaltfreien Kommunikation und Selbstreflexion.

 

Kann man einem Kind zutrauen, Verantwortung zu übernehmen? – Natürlich, wenn ich vormache wie es geht! Der erste Schritt ist wie im Beispiel zuvor beschrieben die Einsicht und Kommunikation. Danach gilt es die Verantwortung dafür zu übernehmen. Es nützt nichts Entschuldigungen bei Kindern à la „geh hin und entschuldige dich“ einzufordern, denn diese wird niemals von Herzen kommen. Im Gegenteil lehren wir Kindern durch diese Art der Erziehung, wie man wahre Verantwortung in Form von Floskeln übergeht. Und wie blicke ich positiv in die Zukunft meines Kindes, wenn es doch jetzt augenscheinlich so gar nicht brav ist? – im Vertrauen, Liebe und Zuwendung! Noch immer wird der Blick auf ein Kind von Angst und „was wenn..“ Sätzen geprägt. Was wenn ich ihm jetzt nicht zeige, dass es so nicht geht“? „Ich habe Angst, dass sie mir dann auf der Nase herumtanzt“ „wenn ich dieses Verhalten jetzt toleriere, lernt er doch nie…“ Blicken wir voller Liebe auf unsere Kinder. Darauf was sie bereits können, und nicht darauf was sie noch nicht können. Bedingungsloser Liebe dafür was sie sind und nicht was sie können. Wenden wir uns im Falle eines falschen Verhaltens dem zu, was als Bedürfnis dahinter verborgen liegt, anstatt zu Maßregeln. Wir wollen Wurzeln geben, die die persönliche Integrität stärken und Flügel die Grenzen selbst erfahren lassen. Welch wundervollen Blick auf die eigene Zukunft könnte ein Kind dadurch erlernen? 

 

 

Eure Laura Hackl-Meneses vom BindungsTöne® Kurskonzept